Kommunikation unter Nullsicht – 8 Menschen, 100 Huskies & Alaska als Workshop-Raum

Eine 2-wöchige Hundeschlittentour als Lehrstück über Leadership und glasklare Kommunikation unter Nullsicht

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Eine 2-wöchige Hundeschlittentour als Lehrstück über Leadership und glasklare Kommunikation unter Nullsicht

Jürgen Eisserer ist neben seinem Unternehmertum als Rhetorik-Trainer, ausgebildeter Diplom-Hundetrainer, ehrenamtlich in einem Tierheim tätig und arbeitet seit 15 Jahren regelmäßig in Partner-Camps mit Schlittenhunden als Co-Guide. Eine dieser Reisen beschreibt, wie Zusammenarbeit in schwierigen Zeiten funktionieren kann und was Unternehmen daraus lernen können.

Eine der begehrtesten und meist nachgefragtesten Keynotes von Jürgen Eisserer.

Tag 1 – Chaos auf vier Pfoten

Es ist Anfang April 2025, Alaska Range. Minus fünfzehn Grad, das Licht flach wie eine Erinnerung. Ich als Co-Guide und Coach für sieben Teilnehmer, vier Hunde pro Schlitten und zwei Wochen Wildnis.

Wir richten die Ausrüstung zusammen im Camp. Die Fahrt in die „Alpen Alaskas“ wie die Range genannt wird, dauert zirka drei Stunden und dann nochmal fünf Stunden mit den Hundeschlitten bis zur ersten Schutzhütte. Das bekommen auch die Hunde mit. Aufgeregt, ob der langen Reise. Aber nicht jeder der rund 100 Hunde darf mit. Nur die stärksten, erfahrendsten und ein paar wenige ausgewählte junge potentielle Leithunde, die mal durch dieses harte Mühlrad der Alaska-Range müssen. Der Campbetreiber Andy, 68 Jahre alt, 50 Winter auf dem Schlitten, sagt dazu:

„Da müssen die Hunde durch, sonst werden sie zu weich!“

Ein passender Satz für Unternehmen, dachte ich, und notiere ihn, wie viele weitere Sätze meines Lehrmeisters, Mentors und Freunds in mein Notizbuch. Ich arbeite einen Monat im Camp in Alaska mit, helfe als Doghandler und begleite diese Gruppe unter der Beobachtung von Zusammenarbeit, Kommunikation und Führung.


Kaum beginnt das Einspannen der Hunde in die Gangline, explodiert der Lärm. Bellen, Jaulen, Ziehen – der Schnee vibriert. Für viele ist das der erste Schockmoment. „Wie soll das jemals funktionieren?“, fragt einer der unerfahreneren Gäste hinter mir. Ich denke: So beginnt Führung immer – mit Lärm, Unsicherheit.

Denn am Anfang jeder Gruppe – ob in der Arktis, in einem Projektteam oder in der Vorstandsetage – herrscht dasselbe Muster: Unsicherheit klingt laut. Erst wenn Richtung und Vertrauen da sind, wird es still.

Der amerikanische Organisationspsychologe Edgar Schein nannte das den „Angst-Vertrauens-Zyklus“: In Phasen wo große Unsicherheit herrscht, versuchen die Menschen, Orientierung durch übermäßige Kontrolle oder plumpe Lautstärke zu erzwingen oder diese Unsicherheit damit zu überspielen – ein Verhalten, das sich auch im „Treibgeräusch“ eines Hundeteams wiederfindet.

Andy beobachtet ruhig. Kein Ruf, keine Geste zu viel. Er weiß, was ich in meinem Leithund-Prinzip so formuliere:

„Am Anfang ist kein Gehorsam gefragt, sondern Klarheit.
Hunde – und Menschen – folgen keiner Stimme.
Sie folgen einer klaren ruhigen Kommunikation!“

Jürgen Eisserer von SERVUS TV als renommiertester Rhetorik-Experte des Landes bennannt, arbeitet seit 15 Jahren mit Schlittenhunden und ist dazu ausgebildeter Diplom-Hundetrainer und ehrenamtlich in einem Tierheim tätig.
Jürgen Eisserer von SERVUS TV als renommiertester Rhetorik-Experte des Landes bennannt, arbeitet seit 15 Jahren mit Schlittenhunden und ist dazu ausgebildeter DiplomHundetrainer und ehrenamtlich in einem Tierheim tätig.

Tag 2 – Richtungslos im Rauschen

Die erste Nacht ist frostig und laut. Das Heulen der Hunde mischt sich mit dem Knacken des Eises. Ich beobachte, wie Andy jeden Hund kennt: Er weiß, wer zieht, wer bremst, wer Orientierung gibt und wer auch mal zu Späßchen aufgelegt ist und andere Hunde piesackt. Am nächsten Morgen lässt er eine unserer Teilnehmerinnen das ganze Gespannt führen.

„Mach du den Start“, sagt er knapp. Ich hab ihr, genau wie Andy, die Unsicherheit an den Augen angesehen. Das war von uns bewusst eingeplant. Einen Menschen an solche Grenzen zu bringen.

Der Schlitten gerät ins Wanken beim ersten Anstieg nach nur 200 Metern. Ein Hund springt quer, sie fällt vom Schlitten, die Hunde kommen nicht weiter. Chaos. Bellen, Jaulen. Auch unsere Hunde dahinter werden nervös. Andy greift nicht ein. Er wartet ab. Nach ein paar Minuten beruhigt sich das Gespann etwas, weil sich die Hunde selbst organisiert haben. Die Leithunde entwirren ihre Leine selbst und es ist wieder Zug am Schlitten – wie von selbst.

Andy erklärt wohldosiert:

„Wenn du zu früh eingreifst, nimmst du den Leithunden die Verantwortung.
Wenn du zu spät eingreifst, verlierst du das Vertrauen.“

Motivation entsteht dann, wenn Menschen das Gefühl haben, selbst gestalten zu dürfen, etwas zu können und dazuzugehören. (Self-Determination Theory von Deci & Ryan (1985). Andy führt genau so seine Huskyteams: Er gibt Richtung, ohne ständig dazwischenzufunken – und genau dadurch wächst Vertrauen.

Ich habe in meinen 25 Jobs selbst oft genug Führungskräfte erlebt, die uns als Team sagten: „Leute, probiert’s das auf eure Weise – ihr kennt die Kunden besser als ich“, dann passiert dasselbe wie im Hundeschlitten-Team: Verantwortung wird nicht genommen, sondern gegeben. Und plötzlich zieht das ganze Gespann von selbst.

Im Leithund-Prinzip heißt das: Führung braucht Raum – nicht Kontrolle.

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Tag 3 – Die Illusion von Kontrolle in stürmischen Zeiten

Nach drei Tagen glauben wir, wir hätten alles im Griff. Die Hunde laufen rund, das Team wirkt eingespielt – fast ein bisschen zu selbstsicher. Und dann kommt der Sturm. Null Sicht. Keine fünf Meter. Der Schnee peitscht waagrecht. Innerhalb von Sekunden ist die Spur weg. Ich sehe noch, wie ein Schlitten kippt, jemand schreit – und plötzlich steht eine Teilnehmerin allein im weißen Nichts. Die Hunde laufen ohne sie weiter. Das liegt in ihrem Blut. Ob wer auf dem Schlitten steht, oder nicht. Orientierung: gleich null.

Andy fährt zu ihr hin. Kein Geschrei, keine Panik. Er legt ihr ruhig die Hand auf die Schulter und sagt:

Okay, atmen, fühlen, dann wieder rauf auf den Schlitten.
Wir sind da für dich!“

Er erklärt ruhig, was passiert ist, was sie anders machen kann. Kein Tadel, keine Vorwürfe. Die Hunde laufen noch etwa zwei Kilometer. Dann hat sie unser Begleit-Skidoo, dass für Verpflegung und Notfälle wie diesen dabei ist, eingeholt. Andy gibt ihr nochmal die wichtigste Anleitung zum Mushen – also zur Führung eines Hundeschlitten-Teams:

  • Erstens – lass niemals den Schlitten los.
  • Zweitens – die Gangline, also die Leine zum Team, muss immer auf Spannung bleiben. Das ist eure Verbindung.
  • Und drittens – zuerst ziehen, dann reden. Bewegung vor Kommando. Sonst verlierst du Konzentration und Gleichgewicht – und damit auch die Hunde

Im Grunde sind das die drei goldenen Regeln des Mushing – und sie gelten erstaunlich ähnlich für Teams im Unternehmen.

Ich hab mir später gedacht: Wie oft passiert uns genau das im Büro? Wir verlieren die Spur, weil ein Projekt kippt oder der Kunde nach einem GO, dann doch abspringt oder verschiebt – und reflexartig rufen alle durcheinander. Statt ruhig zu bleiben, rennen wir los wie verschreckte Hunde, ohne zu wissen, wohin. Dabei heißts Verbindung zum Team halten, dann gemeinsam Richtung finden, und dann klar darüber zu reden, was zu machen ist.

Das ist es, was wir unter „psychological safety“ kennen – psychologische Sicherheit.

Ein Klima, in dem man Fehler machen darf, ohne dafür an die Wand gestellt zu werden. Und genau das hat Andy geschafft. Nicht mit Worten, sondern mit Ruhe.

Ich sag in meinen Keynotes gerne: „Menschen verarbeiten Unsicherheit wie Hunde – sie spüren Haltung, bevor sie Anweisungen verstehen.“ Und je lauter ein Chef wird, desto weniger zieht das Team. In der Lodge haben wir das am Abend reflektiert. Keine Schuldzuweisungen, nur Lernen. Ich hab in mein kleines Notizbuch geschrieben: Führung beginnt nicht mit Anweisung – sie beginnt mit Präsenz. Eines meiner Lieblings-Prinzipien aus der Leithund-Philosophie.

Tag 7 – Wenn die Pulsuhr nicht mehr schlägt und Ergebnisse nichts mehr zählen

Der Sturm legt sich, aber die Strecke bleibt gnadenlos. Genau in solchen Lagen greifen wir gerne auf GPS. Also auf Daten. Tiefschnee, Hangneigung, Windverwehungen. Drei Kilometer in acht Stunden. Keine Strecke, keine „Leistung“. Der Tag war zum Vergessen.

Jemand fragt genervt: „Wie weit ist es noch bis zum Camp?“ Wir haben dann umgedreht und sind zurück in die Schutzhütte. In der Wirtschaft wäre das ein Desaster. Umdrehen? Eingestehen, dass wir falsch lagen? Haben uns die Daten ein falsches Bild gezeigt? In Alaska und auf Hundeschlitten ist das Alltag. Andy sagt nur lachend zu uns:

„Wenn’s schwer wird, hör auf, auf die Karte zu schauen. Schau auf die Hunde.“

Ich findes es schön, wenn wir die Tiere bewusst beobachten – jedes Ohr, jeden Atemzug. Ihr Verhalten ist wie eine andere Sprache. Wenn sie müde werden, passen wir das Tempo an, wenn sie nervös sind, reden wir leise mit ihnen und sprechen ihnen zu. Keine Daten, kein Pulsuhr-Gurt, keine Checkliste, kein Plan B auf Papier – nur echte sensorische Wahrnehmung von Kommunikation.

So lernen wir wirklich wieder zuhören.

Wer in der Krise nur auf die Zahlen schaut, verliert das Gespür.
Führung braucht Sinneswahrnehmung – nicht nur Kennzahlen.

Ich erleb das sehr oft in Unternehmen: Da hängen die Zielgrafiken in PowerPoint, alles sauber durchkalkuliert – und trotzdem funktioniert das Team nicht. Weil niemand hinschaut, wie die Menschen ziehen, nur wie weit sie schon sind.

Nicht immer ist es so klar wie hier nach dem Sturm.

Die Psychologie belegt das längst. In einer Metaanalyse (Judge, Piccolo und Ilies 2004) hat sich aufgezeigt, dass eine beziehungsorientierte Führung über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr mehr Vertrauen, höheres Engagement und eine Kultur der Loyalität geschaffen hat, als eine rein ergebnisgetriebene Steuerung.

So empfehle ich jeder Führungskräfte oder CEO, wenn wir an deren Reden arbeiten, in der nächsten Ergebnispräsentation oder Mitarbeiterversammlung mehr über die Zusammenarbeit, das Miteinander und die Bilder zu sprechen, die entstehen, wenn an den großen Zielen des Unternehmens gearbeitet wird und nicht nur am Ebit.

Andy führt nicht nach Karte, sondern nach Kontakt – zu Menschen und Hunden. Er kennt die Alaska Range seit 38 Jahren. Das ist Beziehung und Vertrauen als Navigationsinstrument.

Mein Notizbuch hat einen weiteren Satz erhalten, der mich seitdem begleitet:

„Wenn du die Karte verlierst, aber die Verbindung hältst, findest du trotzdem ans Ziel.“

Tag 11 – Vertrauen beginnt im Chaos

Wir überqueren einen zugefrorenen See. Das Eis knackt. Die Hunde spüren es zuerst. Plötzlich Stille. Ein Bellen, ein Ziehen, ein Warnen.

Führung in diesem Moment bedeutet: nicht zu wissen – aber zu vertrauen.

Ich sehe, wie jeder im Team anders reagiert. Einer ruft Befehle, die andere friert vor Angst, ein Dritter will umkehren. Andy steigt ab, geht wortlos vor, spürt mit dem Fuß das Eis und nickt nur. Wir folgen.

Hundeschlittenführer Jürgen Eisserer

„Wenn du willst, dass dir jemand folgt, musst du zuerst spüren, wohin du selbst trittst.“

Das Eis kann noch so dünn sein. Wenn wir wissen, es trägt uns, weil jemand vorangegangen ist, dann können wir jedes noch so dünne Eis umgehen. Andy führte uns und die Hunde suchten sich ihren Weg zwischen den dünnen Stellen.

Die haben genau diese Wahrnehmung für das Eis. Sie sind an der Front, sie erkennen, wo es brüchig wird. Vertrauen wir auf das Team, das vorne ist, das unmittelbares Feedback vom Markt bekommt und binden wir sie ein in unsere Arbeit. Nicht als ausufernden Prozess, sondern schlicht im Vertrauen zu fragen: „Leute ihr wisst hautnah (pfotennah) was sich da vor uns tut, ihr bekommt das direkt mit. Was würdet ihr nun tun!“

Das ist keine Schwäche, im Gegenteil, das ist ein Miteinander, dass sich Mitarbeiter heute wünschen. Vertrauensvoll eingebunden zu werden, weil sie wissen, wie und wo das Eis den Schlitten noch trägt.

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Tag 13 – Das Missverständnis von Stärke

Führung wird sehr gerne mit Stärke verwechselt. Noch dazu, wenn ich gerne vom etwas martialisch klingenden Leithund-Prinzip spreche. Aber wer einmal mit Hunden arbeitet, weiß:

„Laut sein hilft bei Hunden nicht. Sie haben kein akustisches Problem, sondern nehmen nur wahr, was wir nicht erkennen wollen.“

Und genau daher sind sie so starke Lehrer für persönliche, innere Stärke. Für einen inneren Leithund, den Menschen in sich entdecken müssen, um auf dünnem Eis, stürmischen Bedingungen noch die Klarheit zu haben, für sich und andere da zu sein.

Diese Tiere folgen niemals unserer Stimme, sondern der Energie, die wir ausstraheln. Wenn du unklar bist, spüren sie das sofort. Dann zieht keiner mehr.

In dieser letzten Nacht stecken wir nochmal fest. Der Schlitten des Begleitteams versinkt im Tiefschnee, der sich über Nacht ergeben hat. Der Schneemobilfahrer kommt alleine nicht mehr zurecht. Wir helfen zu viert, das Gefährt herauszuziehen. Unsere Hunde ungeduldig wie immer, bellen, jaulen. Denen ist das Gezerre von uns egal. Dabei ruhig zu bleiben hätte am Anfang niemand geschafft. Nun, nach fast zwei Wochen, wissen sie alle, dass wie sich innere Ruhe anfühlt. Und in da spricht niemand über Hierarchien, nur über Zusammenarbeit, auch wenns stürmt, laut ist.

Hier entwickelte sich in zwei Wochen ein „Ich-muss“ zum „Wir-können“.

Führung wird damit geteilt – nicht nur delegiert. Das ist die Form von Zusammenarbeit, die man nicht erlebt, wenn man Tippis aufbaut oder sich im Hochseilgarten in die Arme fallen lässt.

Das ist der Zauber von Huskies und die Orientierung eines Leithund-Prinzips.

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